Spaceship Earth

Die Klimakrise ist global und betrifft alle aktuellen und zukünftigen Bewohner unseres Planeten. Die aus ihr resultierenden Transformationskräfte haben negative Auswirkungen auf alle Ebenen menschlicher Existenz. Diesem globalen Problem kann nur durch eine globale Initiative begegnet werden, welche sich gleichzeitig auf verantwortungsvolles lokales Handeln aller gründet.

Im Klimaabkommen von Paris, welches seit dem 04. November 2016 in Kraft ist, wird der durch wissenschaftliche Modelle berechnete maximale Wert für eine Temperaturerhöhung mit 1,5 ºC (max. 2 ºC) angegeben. Das Einhalten dieses Grenzwerts ist von lebenswichtiger Bedeutung, da eine noch höhere Erwärmung zu Kaskadeneffekten führen wird, welche zu einem unkontrollierten Übergang in eine Wärmephase des Planeten mit einer Zunahme extremer Wetterphänomene und somit katastrophalen Auswirkungen und untragbaren Kosten für die Volkswirtschaften führt.

Die Europäische Union will bis zum Jahr 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent werden und hat im Jahr 2020 auf Grundlage des vom Pariser Abkommen gesetzten Rahmens ihre Klimaschutzstrategie mit dem Titel „Europäischer Grüner Deal“ vorgestellt. Als Teil dieser Klimaschutzstrategie werden für die Mitgliedsstaaten der EU verbindliche Reduktionsziele für die Emission von Treibhausgasen festgelegt.

Das Erreichen dieser Ziele ist jedoch laut Wissenschaftlern des PIK ohne eine negative Emission nicht mehr möglich. Um die Klimaziele von Paris zu erreichen und dadurch zu versuchen, die Lebensgrundlage künftiger Generationen zu erhalten, sind außer den anvisierten Maßnahmen der Reduktion der Emission von Treibhausgasen sowie dem Ausbau erneuerbarer Energien auch ein aktiver Abbau von CO2 durch CO2 Bindung von essenzieller Bedeutung. Ohne die Kombination einer ehrgeizigen Reduktion der CO2 Emissionen mit der sogenannten negativen Emission, also dem aktiven Entziehen von CO2 aus dem Klimasystem, besteht die Notwendigkeit, dauerhaft bis zu 1/4 der Agrarflächen für Biomasseplantagen zu verwenden, was zu einer Gefährdung der Ernährungssicherstellung der Bevölkerung führen würde.

Die Bundesregierung hat 2019 in ihrem Klimaschutzgesetz ähnliche Ziele formuliert, wie sie von der EU vorgesehen sind, diese jedoch zunächst nur bis 2030 mit verbindlichen Maßnahmen hinterlegt. Das Bundesverfassungsgericht hat dieses Klimaschutzgesetz am 29. April 2021 in Teilen für verfassungswidrig erklärt und verbindliche Maßnahmen für die Periode nach 2030 gefordert, um nicht eine zu große Last auf kommende Generationen zu verschieben. In Folge dieser Entscheidung wurde von der Bundesregierung am 11. Mai 2021 ein neues Klimaschutzgesetz vorgelegt, welches gesetzlich verbindliche Emissionsziele vorsieht und sogar eine Klimaneutralität ab 2045 gesetzlich festlegt.

Das Klimaschutzgesetz sieht verbindliche Reduktionsziele für die Sektoren Energie, Industrie, Gebäude, Verkehr, Landwirtschaft und Abfallwirtschaft vor. Dem Bauwesen kommt hierbei eine besondere Bedeutung zu, da es möglich ist, am Bau und im Gebäude einerseits Energie zu sparen und andererseits durch die Verwendung nachwachsender ressourcenschonendner lokaler Baustoffe, wie zum Beispiel Holz, Hanf, Lehm, Stroh solche Baustoffe, wie Beton, Gips, Stahl, Aluminium und PVC zu ersetzen, die bei ihrer Produktion enorme Mengen von CO2 freisetzen. Eine besondere Bedeutung in diesem Prozess kommt hierbei dem Holzbau zu, da dieser in der Verwertungskette Wald - Holzwirtschaft - Bau dem Klimasystem während der Wachstumsphase des Baums durch Photosynthese aktiv CO2 entzieht, dieses in Kohlenstoff umwandelt um diesen im Holz einzulagern. Durch den Holzbau kann somit Kohlenstoff auf unbestimmte Zeit im Bauwerk gebunden werden. Auch im Falle eines Rückbaus und Umbaus kann das Holz dem Paradigma des cradle to cradle folgend einem anderen Verwendungszweck zugeführt werden.

Aus den im Klimaschutzgesetz gesetzlich vorgeschriebenen Zielen ergeben sich für das Bundesland Thüringen klare Ziele. Der aktuelle Koalitionsvertrag der Landesregierung Thüringens sieht bereits eine verstärkte Förderung des energieeffizienten Bauens von Wohnraum sowie eine verstärkte Nutzung von Holz und anderen nachwachsenden Rohstoffen vor. Dieser Vorsatz wird durch den Aktionsplan Wald 2030 ff ergänzt, welcher gleichfalls den Holzbau als Bestandteil einer Klimaschutzstrategie unterstützt.

Diesem Vorsatz soll nun durch eine sich in Arbeit befindliche Förderstrategie für den modernen Holzbau und eine dazugehörige Roadmap Struktur gegeben werden. Die Stiftung Baukultur Thüringen hat im Auftrag des TMIL mit der Erarbeitung dieser beiden Vorhaben begonnen. Die Arbeit erfolgt in Kooperation und mit der Unterstützung der Holzbau-Allianz Thüringen, in welcher sich Vertreter der gesamten Wertschöpfungskette Wald-Holzwirtschaft-Bau zusammengefunden haben.

Der grundlegende Gedanke ist, dass Gestaltung das Werkzeug ist, mit welchem wir durch eine koordinierte Kombination von public policy und privaten Initiativen die Probleme der Klimakrise lösen und gleichzeitig die sozialen Ziele erreichen können. Der moderne Holzbau als eine Art Klimapumpe hat das Potential, klassische Arten der Kohlenstoffsenkung effektiv zu ergänzen. Es entfaltet seine Wirkung sozusagen doppelt: durch Bindung von Kohlenstoff im Bau und durch die gleichzeitige Substitution von Baustoffen, welche einen hohen CO2 Emissionsgrad bei ihrer Produktion haben. Es bedarf für die Zukunft somit zuzüglich zum Kriterium des Energieverbrauchs des Kriteriums der Kohlenstoffemission/ der Kohlenstoffbindung am Bau und im Bauprozess.

Um die Klimaziele erreichen zu können, muss das moderne Bauen in Holz generell auf Basis des Wirtschaftens in Kreisläufen unter Verwendung lokaler regionaler Ressourcen in einer dezentral organisierten regionalen Wertschöpfung erfolgen. Der moderne digitale Holzbau, besonders in seiner fortschrittlichsten Form als Massivholzbau, hat das Potential für einen nachhaltigen produktiven Innovationsschub. In einem Flächenland wie Thüringen ist der Komplex Wald-Holz schon heute ein wichtiger Arbeitgeber in strukturschwachen Regionen. Eine Holzbau-Initiative birgt somit die Möglichkeit, im Sinne der Gewährleistung gleichwertiger Arbeitsverhältnisse durch den Sektor Wald-Holzwirtschaft-Bau qualifizierte Arbeitsplätze in strukturschwachen Regionen anzusiedeln und zu sichern sowie das Potenzial, Firmengründungen und Investitionen der privaten Wirtschaft zu initiieren. Die Verwertungskette Holz und anderer nachwachsender Rohstoffe in Kombination mit den fortschreitenden Entwicklungen in der Digitalisierung, Computertechnik, im Maschinenbau, etc. bilden jedoch darüber hinaus auch ein vielversprechendes Feld für die Grundlagenforschung und die angewandte Forschung in Disziplinen wie dem Bausektor und der Gestaltung, den Umweltwissenschaften, den IT-Wissenschaften, den Naturwissenschaften und anderen für die Zukunft fundamentalen Disziplinen.

Die im Holzbau endende Verwertungskette, welche im Wald beginnt, geht über den Bausektor hinaus und ist gleichzeitig ein Wirtschafts-, Umwelt- und Bildungsprojekt. Es hat das Potential, einen wichtigen Beitrag zu einer besseren Zukunft Thüringens zu leisten. Aber die Zeit hierfür drängt. Auf Grund der Lebensdauer sowohl von Gebäuden als auch der Haustechnik wird das Jahr 2030 auf dem Weg zur Klimaneutralität im Jahr 2045 laut Klimaschutzplan 2050 der deutschen Bundesregierung zu einem Scheidepunkt, welcher über Gelingen und Scheitern der Bemühungen, den Klimawandel abzuwenden, entscheiden wird. Es muss deshalb gelingen, bis 2030 die Basis für das Erreichen der Klimaneutralität in 2045 zu legen. Der moderne Holzbau in Kombination mit einer nachhaltigen Forstwirtschaft und einer lokalen Wertschöpfung kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten.

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