Werftkiste

Entwurf
2. Preis, Architektourismus | XS Neue Ferienhäuser modellhaft bauen

Werftkiste, Mobile Häuser, Bild: Opposite Office

Aus der Projektbeschreibung:

Der Entwurf beantwortet die Fragestellung nach neuen Wohnformen des Tourismus in der Thüringer Seenkette mit einer sich verändernden Low-Tech Struktur. Entwurfsbestimmend ist die vorhandene Werft und ihr Schienen-Zugsystem für die Reparatur der Schiffe. Die begrenzte Fläche für ortsfeste Bauteile und der Wunsch nach Einsamkeit und Nähe zur Natur und Wasser führt zu einem beweglichen Gebäudeentwurf, wobei das Potential von XS (leicht!) genutzt wird.
XS wird wörtlich genommen. So werden die Individualräume wie Schlafzimmer, Esszimmer, Küche, etc. auf ein minimales Maß von 2,66m x 1,16m bzw. 2,16 Außenmaß reduziert. Diese Individualräume befinden sich auf einem fahrbaren Untersatz, können von zwei Personen bewegt werden und auf den Schienen mit einen Zugsystem fahren.
Jeweils vier Individualräume ergänzen sich zu einer Gruppe („Cluster“) und können somit ein Haus bilden - aber auch alleine stehen. So wird die Anforderung nach einer sich wechselnden Nutzerzahl gerecht (Paare, Familien und Gruppen). Dieses Konzept kann als Experiment für städtisches Wohnen verstanden werden, welches bedingt durch demographischen Wandel und geänderte Lebenskonzepte veränderte Raumstrukturen benötigt. So wäre es beispielsweise möglich, sich unterschiedliche Zimmer „zuzuschalten“, zu teilen und wieder „abzustoßen“ wenn sie nicht mehr gebraucht werden. So variiert nicht nur die Anzahl der Schlafmöglichkeiten, sondern der Gast im Feriendorf kann sich so auch zusätzlichen Komfort wie Sauna, Bibliothek oder Kino tageweise hinzubuchen. Es entsteht eine flexible „atmende“ Struktur.
Die Ferienhäuser sind durch eine sortenreine Verwendung des Baustoffs Holz ein Modell für Nachhaltigkeit und Langlebigkeit. Den Besuchern soll eine natürliche und nachhaltige Lebensweise fern von High-Tech vermittelt werden. Die Grundstruktur, der ortsfeste Teil des Gebäudes, ist aus Massivholz gefertigt und somit robust und dauerhaft. Zur Erfüllung der EnEV kann über eine zusätzliche Dämmschicht nachgedacht werden, generell sollte aber der Aspekt von Natürlichkeit und Einfachheit im Vordergrund stehen. Lokale Produktionskreisläufe und Ressourcen aus dem Thüringer- bzw. Frankenwald (feste Struktur: Lärche, mobile Räume: Fichte) und kurze Transportwege (Sägewerk Lückenmühle) werden hierbei genutzt. Das Gebäude ist somit auch als Gegenentwurf zu dem (Plastik-) „Dämmwahn“ zu sehen, der nur neuen Sondermüll erzeugt. Das Holz des kompletten Hauses bindet CO2 und ist wiederverwendbar. Somit ist das Haus langfristig rohstoff- und energiebewusst.
Ein Holzofen versorgt den Allgemeinbereich mit Wärme. Als moderne Interpretation der Blockbauweise werden die Eckverbindungen als Stufenkamm ausgeführt. Die dunkle Farbe grenzt sich von den hellen, mobilen Zimmern ab und formt eine introvertierte Raumskulptur. Die mobilen Zimmer sind als Leichtbau aus Sperrholzplatten gefertigt, so dass ein Bewegen der Räume mit zwei Personen möglich ist. Der fahrbare Untersatz kann gegen einen schwimmenden ausgetauscht werden und so können die Urlauber eine unvergessene Nacht auf dem Wasser verbringen. Mit der geringen Größe können die mobilen Zimmer auch leicht mittels LKW oder auch mittels einfachem Anhänger transportiert werden und beispielsweise auf dem anderen Bauplatz an der Staumauer aufgestellt werden.
Die mobilen Zimmer auf Rädern in Leichtbauweise sollen einen geringen Eingriff in die Natur, aber trotzdem deren Erfahrbarkeit sicherstellen. Durch drei Holzstege und einem Zugsystem auf Gleisen wird der Zugang zum Wasser ermöglicht und inszeniert. Am und im Wasser bilden einige der mobilen schwimmenden Zimmer Gemeinschaftsflächen wie Umkleidekabinen, Toiletten und Sauna. Das Ferienhaus (Cluster) greift die einfache und traditionelle Bauform des Satteldach-Typus auf und erzeugt aus dieser einfachen Form eine innenräumliche Komplexität, die Privatheit und Gemeinschaft, sowie Innen und Außen thematisiert.

Aus der Jurybeurteilung:

XS wird wörtlich genommen! Bis zu 4 auf minimales Außenmaß reduzierte Räume fügen sich als andockbare Module um einen introvertierten Gemeinschaftsraum zu einem temporären Ferienhaus unter einem Dach zusammen. Diese Räume übernehmen dabei unterschiedlichste Funktionen: Schlaf-, Sauna-, Kino-, Wohnbereich usw. und sind individuell zuschaltbar oder abstoßbar.
Kritisch muss angemerkt werden, dass die städtebauliche Positionierung der Hausmodule nur schwer erkennbar ist. Welche Art von Gemeinschaftsräumen im Zwischen entstehen, ist nur zu vermuten.
Neben der Andockbarkeit zu einer Hausstruktur können die Module auch als eigenständige Elemente auf dem Gelände verteilt werden. Hierzu bietet sich die Bewegung auf den bestehenden Schienen, als auch über Rollen auf der freien Fläche an. Somit können die einzelnen Module, je nach Wasserstand oder Bedarf auf dem Gelände verteilt werden, was für den Investor und Nutzer wirtschaftlich attraktiv ist. Somit ist dieses architektonisch hochwertige Konzept nicht nur in dieser Flexibilität, sondern auch in der nachhaltigen Materialwahl innovativ, zukunftsfähig und als Prototyp für andere Standorte übertragbar.

Beteiligte

Opposite Office, Benedict Hartl, München

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