Aus der Projektbeschreibung:
Wohnen auf Zeit am Thüringer Meer
Feriensiedlungen haben heute das Potential vielfältiger genutzt zu werden. Die Digitalisierung der Kommunikation hat es möglich gemacht das Arbeiten räumlich flexibler zu organisieren. Damit verändert sich das Verhältnis von Wohnen und Arbeiten. „Wohnen auf Zeit“ ist als ein Angebot konzipiert, das versucht diese Trennung aufzulösen und fliessende Übergänge von Freizeit und Arbeit zu fördern. Es möchte neue Möglichkeiten der Verknüpfung von Rückzug und Gemeinschaft auf dem Land fördern.
Eine neue Siedlung
Die neue Siedlung fügt sich in den bestehenden Ferienort aus Segelverein, Feriengästen der Wohnungen und Tagesfreizeitlern ein. Die vorhandenen Qualitäten der Wiese und des Jungwaldes legen zwei Nutzungen nahe. Auf der Wiese entstehen in Nachbarschaft zur Campingwiese des Segelvereins neue Zeltplätze. Im Zentrum der Siedlung ist das Gemeinschaftshaus mit Gemeinschaftsküche, Bibliothek, Co-Working-Tischen und einer überdachten Terrasse zum Essen. Am Steilhang gibt es eine offene Bar mit Snacks für den Sommer, Sonnenuntergänge und Panoramablick. Weiter unten auf dem Wasser entsteht ein geschützter Badesteg mit Umkleidehäuschen. Die Ferienhäuser liegen als intime Rückzugsorte im Jungwald und sind in Clustern angeordnet, sodass man sich gut orientieren kann und Nachbarschaften entstehen. Um den Eingriff in die Natur gering zu halten und den Ausblick in Richtung See zu verstärken stehen die Häuser auf Stützen. Es entsteht ein geschützter Außenraum der vielfältig witterungsunabhängig genutzt werden kann.
Das kleine Haus
Das Häuschen ist als Rückzugsort zum Entspannen oder konzentriertem Arbeiten konzipiert. Das kleine Haus (26,5 m2) hebt sich vom Waldboden ab und schafft so zusätzliche Geborgenheit und Seeblick. Über die seeorientierte Terrasse betritt man den multifunktionalen Lebensraum. Der Raum wird durch eine Querschotte im Dachraum gegliedert, sowie sich diagonal gegenüberliegende Emporen, die sich jeweils über die halbe Grundfläche erstrecken. Hohe und niedrige Raumbereiche wechseln sich entsprechend der Nutzung ab und erzeugen eine unerwartete räumliche Vielfalt in der einfachen Hausgeometrie. Nach Norden sind Bad und ein kleines Atelier angeordnet zum Arbeiten an regnerischen oder kühlen Tagen. Im Bereich des offenen Dachstuhles ist der Innenraum 5 m hoch. Von dort erreicht man die räumlich getrennten Schlafemporen, die je nach Version Platz für vier bis sechs Personen bieten. Der Wunsch zur unmittelbaren Verknüpfung mit der Natur bestimmt die Anordnung und Dimension der Öffnungen. Die Schiebetür öffnet den Wohnraum zur Terrasse ähnlich einer Loggia.Fenster in allen Himmelsrichtungen ermöglichen das Erleben der Tageszeiten und Lichtstimmungen. Die Schlafemporen können jeweils mit großen Klappen zur Natur geöffnet werden, man kann den Morgenduft des Waldes atmen und schläft ein bisschen wie im Zelt.
Die einfache Bauweise
Das Haus ist als vorgefertigter Holzrahmenbau konzipiert, die Elemente sind so dimensioniert, dass sie mit dem LKW und Kran versetzt werden können. Die Fundamentierung, Stützen und Plattform werden auf das Terrain angepasst vormontiert. Die Holzbauten werden danach innerhalb weniger Tage aufgebaut. Innenoberflächen werden mit weiss lasierten Schichtholzplatten bekleidet. Holzeinbaumöbel ermöglichen eine günstige Raumausnutzung. Es gibt ein Bad und eine separate Dusche – in der 6 Personen Variante kommt noch eine Sauna hinzu. Angemessenheit des Eingriffes Durch die einfache Holzkonstruktion, die kurze Bauzeit mittels Vorfertigung und die sensible Einfügung der Häuser in den bestehenden Jungwald minimiert der Entwurf den Eingriff in den Naturraum. Die Gemeinschaftsorte können sich mit der Zeit programmatisch entwickeln. Sie sind als Ergänzung zu den Qualitäten der Häuschen zu verstehen, mit Ihrer Hilfe kann sich eine lebendige und vielfältige Siedlung an diesem Ort entwickeln.
Aus der Jurybeurteilung:
Rückzugsort im Wald - Die Arbeit gliedert das vorhandene Grundstück entsprechend der topografischen Zonierung als auch der vorhandenen Parameter aus der Bauleitplanung in sinnvoller Weise. Auf der westlichen Seite wird eine Camping-Situation angeboten. Der östliche Bereich wird mit insgesamt 17 kleinen Gebäuden (ca. 27 qm Grundfläche), die sich konsequent zum Stausee orientieren, bebaut. Dabei sind die Gebäude relativ homogen platziert – ggf. kann hier zugunsten von Gemeinschaften und auch zugunsten spezifischer Reaktion auf den Kontext differenzierter reagiert werden. Gleichwohl sorgt die gewählte Stellung der Gebäude für eine hohe Transparenz in Richtung Thüringer Meer.
Die südliche Erschließung des Ufers über den Badesteg und die Treppe mit Umkleide ist naturnah und angemessen und liefert ohne großen Aufwand einen hohen Mehrwert, ebenso tun das weitere kleine Interventionen in der Landschaft, wie z.B. die offene Bar. Die Gebäude sehen unterschiedliche Nutzungen vor, z.B. auch Freizeit und Arbeiten. Dies ermöglicht eine saisonübergreifende Auslastung und stiftet damit auch einen neuen programmatischen Ansatz gerade für den regionalen Tourismus. Ein größeres Gemeinschaftshaus stellt dabei zusätzliche Funktionen bereit, die dieses Modell auch für größere Gruppen interessant machen. Auch für die ortsansässige Bürger wird hiermit eine interessante zusätzliche Infrastruktur mit hohem Erlebniswert geschaffen.
Die Häuser sind konstruktiv logisch durchdacht. Die leichte Gründung kann gut auf die Topografie reagieren. Der klassische Gebäudetypus des Satteldachhauses wird spielerisch interpretiert. Hier könnte man die einzelnen Häuser im Sinne ›Idee und Varianz‹ etwas stärker individualisieren. Dies könnte auch durch unterschiedliche Materialen gestärkt werden. Auch weitere spezifische Funktionen, wie z.B. Angeln, Malen, Musik, Kochen, usw., könnten hier helfen, die einzelnen Charaktere zu stärken und entsprechende Nutzer anzusprechen.
Insgesamt kann man der Arbeit einen sorgfältigen Durcharbeitungsgrad bescheinigen, der wenig falsch macht und gleichzeitig positive Bilder für breite Zielgruppen liefert. Dabei bleibt die Natur der eigentliche Star.
Beteiligte
Amunt Martenson, Björn Martenson, Aachen und Leonard Wertgen, Berlin