Beschreibung
Der Entwurf für ein neues Wohnhaus am Horn – in der Erstnutzung vor allem für Studierende – arbeitet an der Dialektik einer einfachen und äußerst robusten (nahezu banalen) Grundstruktur und einer überraschend vielfältigen Raumstruktur, Tiefe und Großzügigkeit. Die gewünschte programmatische und funktionale Flexibilität zu gewährleisten, ohne die Identität des Hauses auf Beliebigkeit zu stellen, wird wie von selbst aus der einfachen Struktur und ihrer nach außen moderat skulpturalen und figurativen Überformung heraus zu erfüllen versucht.
Volumetrisch gibt es gegenüber dem im Bebauungsplan definierten Körper nur eine einzige Justierung: Nach Süden erhält das Gebäude in den oberen vier Geschossen eine Auskragung, die innerhalb des Baufensters liegt und die Laubengänge aufnimmt. Es kommt damit zu einer skulpturalen Präzisierung des Körpers, die insbesondere an den Stirnseiten des Hauses zu einem fast figurativen Motiv führt und mit etwas Fantasie an einen „kleinen Elefanten von der Seite“ erinnert
Unabhängig von der bildhaften Assoziation gelingt es durch diese Maßnahme das eigentlich ziemlich kleine Volumen zum Carl-Alexander-Platz hin mit genügend Selbstbewusstsein und Präsenz auszustatten. Verstärkend hierbei wirken die angehängte, spiegelnde Treppenskulptur und die wenigen, präzise gesetzten Öffnungen: Der Haupteingang und das große „ Hollein“-Fenster im Waschsalon im 1. Obergeschoss. Die Auskragung nach Süden wirkt dabei wie ein „horizontaler Risalit“, der das Gebäude mit dem riesigen Streichhan-Bau der Musikhochschule und seiner strengen Gliederung in Beziehung und in einen architektonischen Dialog versetzt – vielleicht sogar auf subtile Art verzahnt. Zudem wird die für den Ort sehr wichtige Geländewand von Luigi Snozzi mit dem Gebäudesockel weitergeführt und in die skulpturhafte Erscheinung des Hauses wie selbstverständlich einverwoben.
Grundriss & Organisation
Man betritt das Haus vom Carl-Alexander-Platz über eine große Eingangshalle, die direkt mit dem Sockelgeschoss und seinen Gemeinschaftsräumen über eine offene Treppe verbunden ist. Damit kann auch das Foyer im Sockelgeschoss als sekundäre Erschließung genutzt werden. Vom Erdgeschoss bis zum 4. Obergeschoss befinden sich durchwegs Wohnungen – insgesamt 46 WE bzw. Wohnheimplätze, die in verschiedensten Konfigurationen geschaltet werden können. Vom Einzelappartement mit einem sehr großen vorgelagerten Gemeinschaftsbereich, über 2er-Appartements, bis zu 2er- und 4er-WGs. Die Struktur erlaubt es zudem familiengerechte 3 bis 4-Zimmer-Wohnungen, behindertengerechte 2-Zimmer-Wohnungen, altersgerechte Einzel-Appartements und großzügige betreute Wohngemeinschaften unterzubringen. Die Wohnformen können dabei insbesondere geschossweise wechseln, aber auch innerhalb eines Geschosses durch flexible Unterteilung des großzügigen Gemeinschaftsbereiches (Allmende) gemischt werden. Diese Struktur ermöglicht somit auf einfache Weise die gewünschten zahlreichen Auslegungsmöglichkeiten in der Nutzung als Studentenwohnheim oder auch die divergierenden Anpassungsoptionen.
Die Tiefenstaffelung der Räume und Raumzonen wird bei allen Varianten zum Leistungsprinzip des Hauses. Mit einer lichten Geschosshöhe von 3,15 m lässt sich zum einen die Gesamttiefe von 17 m brutto inkl. Laubengang belichtungstechnisch gut bewältigen und zum anderen auch eine Art Flexibilität und Großzügigkeit in der Vertikalen (Einbau von Stockbetten, Stauraum etc.) herstellen.
Von Süden nach Norden unterliegt das Raumsystem einer ausgeklügelten, auf die verschiedenen Nutzungen reagierenden Schichtung – ohne die Flexibilität aber einzuschränken. Unter energetischen Gesichtspunkten gehorcht dieses System zusätzlich dem hoch effizienten, vertrauten Prinzip einer Zwiebel.
Brandschutz/Fluchtweg
Der 1. Fluchtweg führt über den Laubengang in das abgeschlossene Treppenhaus. Der 2. Fluchtweg wird durch Anleitern an der Nordfassade sichergestellt.
Konstruktion
Das Haus ist in seinen tragenden Teilen vornehmlich aus Holz. Alle tragenden Wände / Schotten einschließlich des Aufzugschachtes sind Massivholzwände. Die Decken sind als komplett vorgefertigte Holz- Beton-Verbunddecken-Elemente vorgesehen. Die Treppen sind sämtlich als Betonfertigteile gedacht. Der Laubengang ist als sichtbare Stahlkonstruktion angedacht. Der damit hohe Anteil an Vorfertigung ermöglicht es die geforderte innovative Bauzeitverkürzung realistisch zu ermöglichen. Alle Holzbauteile im Inneren bleiben sichtbar. Auch die nichttragenden Trennwände zwischen den Einheiten sind mit Holz beplankt. Aufgrund des zu gewährleistenden Schallschutzes sind die tragenden Holzschotten in getrennt doppelschaliger Konstruktion mit innenliegender Dämmung konzipiert.
Fassade
Die Außenhaut des Gebäudes im Norden, Westen und Osten ist in Sichtbeton vorgesehen – so wie es auch der B-Plan respektive Luigi Snozzi fordern. Die Fenster sind aus pressblankem Aluminium. Die massive „Betonhaut“ ist lediglich selbsttragend, leistet aber die Aussteifung des gesamten Hauses mit. Abschnittsweise sind zu diesem Zweck die Decken (thermisch getrennt) mit dieser verbunden, so dass Schub aus den Decken von der Außenwand aufgenommen werden kann. Optional kann auch die Fassade aus Fertigteilen aufgebaut werden. Das ergäbe einen Vorfertigungsgrad der tragenden und aussteifenden Teile von 100% - bei einer Ausführung der Fassade in Ortbeton noch von ca. 80% der tragenden und aussteifenden Teile.
In gewisser Weise vereint die Konstruktion damit einen hohen Grad an Pragmatismus und Effizienz mit einer freudvoll-konzeptionell-eingängigen Materialästhetik, die im höchstens Maße dauerhaft, wartungsarm und alterungsfähig ist.
Mit einer klaren, massiven und fast geschlossenen Fassade gibt der Entwurf zum Carl-Alexander-Platz wenig von seinem Inneren preis. Umso mehr öffnet er sich nach Süden mit Terrassen und einem Laubengang, der alle Wohnungen erschließt. Die Wohnungen sind auf die gesamte Breite des Gebäudes durchgesteckt und entwickeln vom lichtdurchfluteten Gemeinschaftsbereich bis hin zu den Schlafräumen eine zunehmende Privatheit. In dieser Konsequenz und über eine lichte Etagenhöhe von 3,15 Meter werden Angebote für viele Wohnansprüche möglich.
- Schlagwörter:
Das 100 – Wohnhaus für Studierende
Siehe auch:
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