Bürgerhaus mit Stadtbibliothek und Ratssaal

Konstruktiver Aufbau und Tragwerk, Nordhausen, 2014
2. Preis, Thüringer Staatspreis für Ingenieurleistungen 2017

Konstruktiver Aufbau und Tragwerk, Bürgerhaus Nordhausen

Konstruktiver Aufbau und Tragwerk, Bürgerhaus Nordhausen

An dieser Stelle wird ein externer Inhalt (Youtube/ Video) angezeigt, wenn Sie das erlauben: Privatsphäre-Einstellungen

Quelle auf externer Website: https://www.youtube-nocookie.com/embed/v4B8EginOOo

Aus der Projektbeschreibung:

Der Neubau der Kulturbibliothek mit dem Bürgerhaus schließt eine seit den 1960er Jahren bestehende städtebauliche Lücke zwischen der Wohnbebauung am Kornmarkt und dem Alten Rat­haus und bildet somit die neue Mitte der Stadt Nordhausen. Das Baufeld wies infolge der durch Kriegseinwirkung zerstör­ten Vorgängerbauten eine erhebliche Inhomogenität im Bau­grund auf. Aus diesem Grund wurde für das Bauwerk eine kom­binierte Pfahl­Platten­Gründung als wirtschaftlich optimale und innovative Gründungsvariante gewählt. Die zweigeschos­sige Tiefgarage (ca. 60 × 43 m) wurde als Weiße-Wannen-Konstruktion ausgeführt und beherbergt neben den PKW-Stellplätzen zahlreiche Technikbereiche sowie den Löschwassertank für die Hochdruck-Wassernebel-Löschanlage der Bibliothek. Über der Tiefgarage erheben sich die beiden Hochbaukörper, die mit­tels eines Verbinders im Obergeschoss funktionell miteinan­der gekoppelt sind. Teile der Tragstruktur der Bibliothek und das Bürgerhaus leiten ihre Lasten auf das Obergeschoss der Tief­garage ab. Dadurch waren aufwendige Abfangungen und Wech­sel in der Tragstruktur der Tiefgarage zur Weiterleitung der Las­ten aus den beiden Gebäuden erforderlich.
Die Bibliothek mit einer Grundfläche von 60 × 20 m ist dreige­schossig und kragt in den Obergeschossen an der östlichen Fassadenfront bis zu vier Meter gegenüber dem Erdgeschoss aus. Die drei Etagen werden über geometrisch unterschied­lich gestaltete Lufträume optisch miteinander verwoben. Der monolithische Stahlbeton­-Baukörper schiebt sich an seiner Längsseite zusätzlich mit einer Gebäudeachse über das bereits bestehende Parkdeck der Wohnbebauung am Kornmarkt. Über speziell für das Bauvorhaben gefertigte stahlbewehrte Flächen­loch-­Gleitlager werden die Lasten aus dem neuen Baukörper in die Bestandskonstruktion des Parkdecks eingetragen. Mögliche Verdrehungen infolge unterschiedlicher Setzungen zwischen Bestand und Neubau werden so kompensiert. Die Stahlkon­struktion an der auskragenden Giebelfront hat eine Doppelfunk­tion zu erfüllen, indem sie die Decke über dem ersten Geschoss mit ihren Lasten an die Decken über Erdgeschoss und zweitem Obergeschoss anbindet und gleichzeitig die hochwertige Natur­steinfassade aufnimmt. Im Bürgerhaus (ca. 25 × 22 m) sind im Erdgeschoss eine öffentliche Einrichtung (Bürger-Café) sowie ein Beratungszimmer der Stadtverwaltung untergebracht. Im Obergeschoss befindet sich der multifunktional nutzbare Rats­saal für 200 Personen, welcher stützenfrei mittels eines Träger­rostes aus BSH­-Trägern überspannt wird.

Aus der Jurybeurteilung:

Der Neubau des Bürgerhauses mit Stadtbibliothek und Rathaus­saal ist neben dem architektonischen Lückenschluss zwischen der Wohnbebauung am Kornmarkt und dem Alten Rathaus eine ingenieurtechnisch anspruchsvolle Aufgabe hinsichtlich Statik und Tragwerksplanung.
Die Lasten aus der Konstruktion werden einerseits über eine kombinierte Pfahl-­Platten ­Gründung bauwerksverträglich in den Untergrund geleitet, andererseits liegt eine Längsseite des Stahlbeton-Körpers auf dem bestehenden Parkdeck der Wohn­bebauung. Diese Konstruktion muss nicht nur die Lasten aus dem Neubau, sondern auch mögliche Verdrehungen aus verti­kalen sowie horizontalen Verschiebungen aufnehmen.
Daher war als Bindeglied zwischen Neubau und Bestand der Einbau eines speziell für diese Konstruktion entwickelten Flächenloch­Gleitlagers erforderlich. Über dieses Lager werden unterschiedliche Setzungen ausgeglichen und Setzungsdiffe­renzen kompensiert.
Die Dachkonstruktion des im Obergeschoss angeordneten Rat­haussaals wurde aus Brettschichtholz­-Trägern geplant, die eine relativ schlanke Geometrie erlauben und gleichzeitig keine zusätzlichen Stützen benötigen. Die Dachlasten werden in die Stahlbetonwände übertragen und abgeleitet.
Durch die optimale Verknüpfung der Bauingenieurdisziplinen Statik und Tragwerksplanung ist es gelungen, neue ingenieur­ technische Lösungsansätze im Zusammenhang mit der Verwen­dung modifizierter Konstruktionen, wie zum Beispiel dem stahl­ bewehrten Flächenloch-­Gleitlager als Verbindungselement zur bestehenden Tiefgarage zu berechnen, zu planen und zu bauen.

Planung

Ingenieurbüro Dr. Krämer GmbH

  • Dipl.-Ing. Thomas Jecke
  • Dipl.-Ing. Lothar Burkhardt

Bauherrin

Stadt Nordhausen

Diese Seite teilen

Unsere Profile in sozialen Netzwerken